Helene Adler wurde am 16. Dezember 1889 in Wien geboren. Sie war als Kontoristin tätig und eine tüchtige und geschätzte Arbeitskraft. 1917 kam Adler im Alter von nicht ganz 28 Jahren mit der Diagnose Schizophrenie in die Wiener Heil- und Pflegeanstalt „Am Steinhof“, wurde aber im selben Jahr wieder in häusliche Pflege entlassen. Sie war in der Folgezeit wieder voll berufstätig bis es 1928 zu einer zweiten Aufnahme „Am Steinhof“ kam. Von dort wurde sie 1931 in das Versorgungshaus Lainz überstellt. Am 15. November 1940 wurde Helene Adler wieder in die Wiener Heil- und Pflegeanstalt „Am Steinhof“ gebracht. Diese Verlegung erfolgte bereits in Vorbereitung der Transporte im Rahmen der „Aktion T4“, denn bereits am 28. November, nicht ganz zwei Wochen danach, wurde Helene Adler mit 62 anderen PatientInnen des Steinhofs "in [eine] nicht genannte Anstalt transferiert". Dies bedeutete in der Tarnsprache des T4-Apparats, dass sie nach Hartheim gebracht worden waren.

Am 10. Dezember 1940 teilte die "Landesanstalt Hartheim" der Mutter in Wien in einem Beileidschreiben mit, dass ihre Tochter an diesem Tag angeblich an einer Lungenentzündung verstorben war. Die Mutter war zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits drei Jahre tot. Die nächsten lebenden Verwandten waren Helene Adlers Schwester, deren Mann und deren Tochter.

Wie in so vielen ähnlichen Schreiben an die Angehörigen der Ermordeten wurde in dem Brief darauf hingewiesen, dass aus „seuchenpolizeilichen Gründen“ umgehend „die Einäscherung der Leiche und die gründliche Desinfektion des Nachlasses“ erfolgen mussten. Abschließend bot man an, die Urne zu übersenden, wenn ein Ort für die Beisetzung nachgewiesen werden könne. Wie üblich lagen dem Schreiben zwei Sterbeurkunden bei.

Anscheinend nahmen die Angehörigen das Angebot für die Übersendung der Urne nicht an, denn am 2. Juli 1941 teilte die „Landesanstalt Hartheim“ der Mutter von Helene Adler in einem Schreiben "der Ordnung halber" mit, dass die Aschenreste der Verstorbenen an das Krematorium Wien geschickt und dort im Urnenhain bestattet worden seien.

Unter den Angehörigen wurde über die Krankheit und das "Verschwinden" von Helene Adler nicht gesprochen. Nur durch Zufall erfuhr ihre Großnichte Mitte der 1970er Jahre vom Schicksal Helene Adlers. Später begann sie, sich über die Euthanasie-Verbrechen zu informieren und Nachforschungen zu ihrer Großtante anzustellen. Auf diese Initiative geht auch der vorliegende Eintrag zurück.