Hermine Hlavek
Hermine Agnes Hlavek wurde am 23. Juni 1905 in Wien als erstes von drei Kindern geboren, auf einem erhaltenen Familienfoto ist sie ganz links zu sehen. Laut dem Geburts- und Taufschein wurde sie sechs Tage nach ihrer Geburt in der Pfarre Reindorf getauft.
Von ihren Eltern Hermine und Michael Hlavek, sowie den beiden jüngeren Geschwistern wurde sie Minna genannt.
Nach der Schule machte Hermine Hlavek die Lehre als Damenkleidermacher in Wien, die Gesellenprüfung schloss sie am 12. Oktober 1922 mit gutem Erfolg ab.
Ihr um vier Jahre jüngerer Bruder beschreibt sie als schön, sanft und nachgiebig wie ein Engel. Ihre Schwester glaubt, dass sie einfach nicht mit den Enttäuschungen – unter anderem auch aufgrund unglücklicher Liebe – in ihrem Leben fertig und deshalb „narrisch“ geworden sei. Aus Erzählungen ist bekannt, dass sie des Öfteren Anfälle hatte, diese aber mittels kalter Unterarm-Bäder schnell vorübergingen. Im Allgemeinen Krankenhaus Wien, damals die Klinik von Julius von Wagner-Jauregg, wurde sie mittels Elektroschocks behandelt. Da sich diese Therapieform aber erst im Anfangsstadium befand, war sie sehr schmerzhaft für Hermine Hlavek.
Ab 6. Juli 1930 hielt sie sich aufgrund ihres Gesundheitszustandes in der „Wiener Landes-Heil- und Pflegeanstalt für Geistes- und Nervenkranke ‚Am Steinhof‘“ auf. Die Kosten für die Unterbringung und Verköstigung – feinsäuberlich auf den Verrechnungsblättern aufgelistet – wurden von ihrer Mutter getragen. In einem Beschluss über die Anhaltung in einer geschlossenen Anstalt vom 26. August 1930 werden unter anderem als Begründung Erregungszustände und Verfolgungswahnideen angeführt. Nach einem weiteren gerichtlichen Gutachten attestierte man Schizophrenie mit Gehörtäuschung. Hermine Hlavek wurde als geisteskrank und handlungsunfähig eingestuft. Der Gutachter erwartete sich keine Heilung in absehbarer Zeit und deshalb sollte sie laut Beschluss über die Anhaltung in einer geschlossenen Anstalt vom 26. Februar 1931 weiterhin in der Anstalt bleiben. Einen Monat später wurde sie durch einen Beschluss entmündigt, weil sie aufgrund ihrer Krankheit nicht mehr für sich selbst entscheiden könne. Als Kurator bestellte man ihre Mutter Hermine Hlavek mit 22. April 1931.
Am 30. September 1940 erfolgte schließlich – in Vorbereitung der Transporte nach Hartheim – die Überstellung in die zu den Wiener Anstalten gehörende Heil- und Pflegeanstalt Ybbs an der Donau. Hermine Hlaveks Schwester hatte kurz vorher erfahren, dass eine Bekannte ihre Tochter vor der Überstellung retten konnte. Sie versuchte dies auch, der Transport war jedoch schon unterwegs. "Ich bin zu spät gekommen" – das waren laut den Berichten ihrer Tochter ihre schmerzerfüllten Worte.
Die Schwester und deren Ehemann besuchten Hermine Hlavek noch in Ybbs. Die Begegnung war für die Familie schmerzhaft, da Hermine Hlavek fast nackt und mit einer aufgestempelten Nummer auf einer Pritsche lag und über Schmerzen klagte.
Am 18. Oktober 1940 wurde Hermine Hlavek aus Ybbs zur Vernichtung nach Hartheim gebracht. Die auf den 30. Oktober 1940 datierte Sterbeurkunde wurde der Familie aus der „Landes-Pflegeanstalt Grafeneck“ zugeschickt. Als Todesursache wurden ein Mandelabszess und eine Blutvergiftung angegeben, obwohl ihr die Mandeln bereits früher entfernt worden waren.
Auf Wunsch wurde der Familie von der T4-Verwaltung eine Urne mit der angeblichen Asche zugesandt. Hermine Hlaveks Mutter übernahm die Kosten der Beisetzung.