Im April 1935 berichtete die "Greizer Zeitung", dass sechs Kommunisten aus der Stadt zu teilweise langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden waren. Alles, was gegen sie in dem Artikel vorgebracht wurde war, dass sie versucht hätten, "die zerschlagene kommunistische Organisation wieder aufzuziehen und neue Mitglieder zu werben".

Einer der Verurteilten war der Weber Bruno Bergner, geboren am 24. November 1881 in Greiz (heute Thüringen). Seit seiner Geburt hatte er eine Gehbehinderung.

Schon früh setzte sich Bergner für die Interessen der Arbeiter ein und wurde 1911 Mitglied der SPD. Nach dem Ersten Weltkrieg trat er der USPD bei. Im März 1919 war er einer der Mitgründer der KPD in Greiz und wurde deren erster Vorsitzender.

Bruno Bergner erhielt im oben erwähnten Gerichtsverfahren 4 ½ Jahre Zuchthaus. Damit hatte er nicht seine erste politisch motivierte Strafe im Dritten Reich anzutreten. Schon 1933 war das engagierte KPD-Mitglied für seine Überzeugungen ein Monat lang im KZ Bad Sulza inhaftiert gewesen.

Bruno Bergner verbüßte seine Haft im Zuchthaus Untermaßfeld in Thüringen. Nach Strafende im August 1939 wurde er, wie aus seinem Entlassungsschein hervorgeht, jedoch nicht entlassen, da die Gestapo "Schutzhaft" für ihn beantragt hatte. Bergner wurde in das KZ Buchenwald eingeliefert, wo er die Nummer 2875 erhielt. Im Archiv der Gedenkstätte Buchenwald sind die Veränderungsmeldung und eine Karteikarte vorhanden. Am 24. Oktober 1940 erfolgte seine Verlegung in das KZ Dachau.

Am 30. November 1941 schickte der Gefangene 20651 aus Dachau einen Brief an seine Eltern, die er lange nicht mehr gesehen hatte. Auch wenn Bruno Bergner wegen der Zensur nichts darüber schreiben konnte, wie es ihm wirklich erging, ist das Schreiben ein bedrückendes Zeugnis:

 

Liebe Eltern!

Nach langer, langer Zeit will ich auch einmal etwas von mir hören lassen
hätte gern schon an euch geschrieben durch Umständigkeit war es meistens nicht möglich ich hoffe das euch der Brief trotzdem etwas erfreuen wird.
Nun liebe Eltern die erste Frage ist die wie geht es euch und allen unseren Angehörigen gesundheitlich gesehen,
hoffentlich seid ihr alle noch Wohlauf was bei mir auch der Fall ist
ich glaube wir alle wollen uns doch noch einmal Wiedersehen und einander herzhaft die Hände drücken...

 

Vielleicht unterschrieb der Häftling diesen Brief absichtlich nicht.

Am 15. Januar 1942 wurde Bruno Bergner, laut Transportliste, zusammen mit 97 anderen Häftlingen aus dem KZ Dachau in die Tötungsanstalt Hartheim gebracht und hier unmittelbar nach der Ankunft ermordet.

Am 11. Februar erhielt seine Frau ein Telegramm aus Dachau, in dem mitgeteilt wurde, dass der Häftling am Tag zuvor an "Darmkatarrh" verstorben und seine Leiche eingeäschert worden sei. Auf seiner Sterbeurkunde wird entsprechend den Tarnmaßnahmen der SS und der „T4“ als Todesort das KZ Dachau angegeben.

Nach seinem Tod wurde lange Zeit angenommen, Bergner sei wirklich im KZ Dachau verstorben bzw. ermordet worden. Hartheim war als Todesort nicht bekannt. Dies sollte sich erst durch Forschungen der Nachkommen Bergners ändern, die nach 1989 im Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau recherchierten und dabei den wahren Ort der Ermordung Bruno Bergners erfuhren.

Nach der Befreiung 1945 wurden Bergner in seiner Heimatstadt Greiz Zeichen der Erinnerung und des ehrenden Gedenkens gesetzt. Darüber hinaus wurden sein politisches Engagement und seine Widerstandstätigkeit in der DDR als Vorbild präsentiert.

In Greiz benannte man im September 1945 eine Straße nach Bruno Bergner, die auch noch heute seinen Namen trägt. Des Weiteren wurde eine Gedenktafel an seinem früheren Wohnhaus angebracht und im Jahr 1971 erhielt eine Schule in Greiz-Aubachtal, dem langjährigen Wohnort Bruno Bergners, Bergners Namen („Polytechnische Oberschule Bruno Bergner“). Sein Leben war darüber hinaus Gegenstand von verschiedenen lokalgeschichtlichen Abhandlungen.